Norwegen im Zweifrontenkrieg

03/04/2021

Berliner-Telegraph

Norwegen hat rund 3000 NATO Soldaten zur Übung "Joint Viking 2021" in den hohen Norden eingeladen.

Verteidigungsstrategie und NATO

Während der Corona-Pandemie kämpft das Land gegen eine der schwersten Krisen seit dem Ende des zweiten Weltkrieges. Doch Norwegen hat nicht nur mit dem Virus zu kämpfen, sondern muss sich angeblich auf die militärische Bedrohung aus dem Osten vor- bereiten. Sowohl der norwegische Verteidi- gungsminister Frank Bakke-Jensen als auch Haakon Bruun-Hansse (bis 2020 Befehlsha- ber der norwegischen Streitkräfte) sehen in Russland die größte Gefahr für die Sicherheit des Landes. Laut Admiral Bruun-Hanssen ist das klare Ziel der norwegischen Streitkräfte, die Qualität der eigenen Militärkräfte zu ver- bessern als Reaktion darauf, was sie in Russ- land und ihrem Einsatz militärischer Gewalt gesehen haben.

Daraus ergibt sich für das norwegische Ver- teidigungsministerium die logische Konse- quenz, dass Norwegen noch enger mit seinen Alliierten in der NATO zusammenarbeiten muss. Die Strategie dahinter lautet demnach, sich bei einem Angriff Russlands so lange selbst verteidigen zu können, bis die NATO- Truppen als Verstärkung eintreffen. Die norwe- gische Doktrin von 1949 als Lehre aus dem zweiten Weltkrieg, keine fremden Soldaten auf norwegischem Territorium zu dulden, ist seit einiger Zeit nicht mehr aktuell. Im Januar 2017 kamen die ersten 350 amerikanischen Soldaten

auf dem Truppenstützpunkt Vaernes bei Trond- heim an. Diese sind inzwischen verdoppelt wor- den. Der Verteidigungsminister Bakke-Jensen und seine Vorgängerin Ina Eriksen-Soreide bestreiten, dass es sich um eine Stationierung von ausländischen Soldaten auf norwegischen Territorium handelt, denn die Soldaten würden einer Rotation unterliegen und nach einem Jahr ausgetauscht werden. Demnach könne man nicht von einer Stationierung sprechen.

Militärübung trotz Pandemie

Nun sollen also 3000 NATO Soldaten aus den USA, Großbritannien, Deutschland und den Niederladen in Norwegen eintreffen, um im hohen Norden den Verteidigungsfall zu proben. An der Winterübung "Joint Viking 2021" im März sollen bis zu 10.000 Soldaten teilnehmen. Bereits seit einer Woche landen die ersten Militärmaschinen auf den Stütz- punkten in Norwegen. Das norwegische Mili- tär hat Zelte auf den Flugplätzen aufgestellt, in denen alle ausländischen Soldaten auf

COVID-19 getestet werden sollen. Laut dem Sprecher des Heeres Erik Skomedal ist die Testkapazität gut. Doch die Abstrichproben werden zwar vom Militär entnommen, die Auswertung geschieht aber in den Laboren des Universitätskrankenhauses in Tromsø, in dem normalerweise Proben der norwegischen Bevölkerung analysiert werden. Diese Pro- ben von Unternehmen, Reisemonteuren und Urlaubern liegen jetzt und warten.

Corona-Fälle unter US-Soldaten

Die Bürgermeister der angrenzenden Kom- munen vertrauen nach eigenen Angaben dem Verteidigungsministerium, die Situation im Fall einer Ansteckung unter den Soldaten im Griff zu haben. Anders sehen dies die Rettungs- dienste, die in Nordnorwegen ohnehin bei ihren Einsätzen große Strecken zurücklegen müssen. Sie sind skeptisch, denn eine große Anzahl von Soldaten führt auch ohne Pandemie das Gesundheitswesen an seine Grenzen.

Es wurde bekanntgegeben, dass bereits 45 amerikanische Soldaten positiv auf COVID- 19 getestet wurden. Nach Angaben des Vertei- digungsministeriums hatten sie vor der Ankunft in Norwegen keine Symptome. Wäh- rend die letzte Übung "Cold Response 2020" aufgrund der Pandemie abgesagt wurde, wird diese Übung jetzt durchgeführt. Es geht schließlich um die Sicherheit des Königreichs.